Am 22. Juni 1879 war das Kaiser Alexander Garde Grenadier Regiment No. I in Teupitz einquartiert. Die Offiziere fanden ihr Quartier beim Baron von Parpart auf Schloss Teupitz. Es war ein schwülheißer Tag, deshalb unternahm der Hauptmann Ernst Kurts mit 4 Kameraden, darunter der Regimentsarzt, eine kleine Segeltour. Der leicht gekräuselte See ließ nicht erahnen, welch tragisches Ende die Tour nehmen sollte.
Es zog plötzlich ein schwerer Gewittersturm herauf. Das Boot schaffte es nicht mehr ans rettende Ufer, es kenterte in Höhe der Schweriner Horst. Die Schiffer Ernst Schultze, Ludwig Krüger und Hermann Grix, aus Neuendorf, sowie Ludwig Schultze aus Teupitz, die in einer Bucht das Unwetter abwarteten, sahen das Unglück und eilten sofort zu Hilfe. Als sie die Unglücksstelle erreichten, rief ihnen der Hauptmann zu, sie sollten erst seine Kameraden retten, er käme schon selbst zurecht. Alle erreichten auch das rettende Ufer. Dort aber erlitt der Hauptmann nach der überstandenen Strapaze einen Schlaganfall. Leider gab es keine Rettung. In den Armen des Regimentsarztes verschied der Hauptmann.
Seine Kameraden fassten schnell den Entschluss, den Verunglückten und den Rettern an der Stelle, wo die Schiffbrüchigen das Ufer erreichten, ein Ehrenmal zu errichten. Man schritt sofort zur Tat. Schon am 31. August 1879 stand das Denkmal. Die Gäste zur Einweihungsfeier wurden von Schwerin aus auf die Horst übergesetzt. Die Retter erhielten einen Ehrenplatz und wurden mit einer Rettungsmedaille ausgezeichnet. Die Regimentskapelle umrahmte die Feierstunde und der Teupitzer Geistliche weihte das Ehrenmal feierlich ein. (2)
Was war geschehen am 22. Juni 1879?
Veröffentlichung vom OrtschronistenWerner Exler
in den Teupitzer Nachrichten
Wie schon Tage zuvor angekündigt, zogen zwei Kompanien des Kaiser-Alexander-Garde-Grenadier-Regiments No. 1 mit Musik in das kleine Städtchen Teupitz ein. Die Kinder des Ortes waren natürlich zur Stelle, besonders die Knaben. Eifrig liefen sie neben den Soldaten her, begleiteten sie bis zum Marktplatz, wo sie Aufstellung nahmen. Hier erhielten sie ihre Quartierzuweisung bei den Teupitzer Bürgern. Hauptmann Kurts sprach ein vorläufiges Badeverbot aus, er wollte erst Erkundigung über eventuelle Gefahren einziehen. Die Offiziere selbst fanden standesgemäß Quartier beim Baron von Parpart auf dem Schloss.
Es war ein heißer, schwüler Tag; eine leichte Brise kräuselte den See und sie brachte eine kleine Erfrischung. Auf Vorschlag des Barons unternahmen Hauptmann Kurts mit drei Offizieren und den Regimentsarzt eine kleine Segelpartie auf dem Teupitzsee. Da alle fünf erfahrene Segler waren und das Wetter so ruhig, mochte niemand an Unheil und Gefahr denken.
ERNST KURTS
Hauptmann und Companie-Chef
Im Kaiser Alexander-Garde-Grenadier-Regiment No. 1
Geboren am 13. März 1843
Verunglückte am 22. Juni 1879 in einem Segelboot,
vom Gewittersturm überrascht, und starb unweit dieser
Stätte vom Schlage getroffen, in den Armen seiner Retter.
Vier Gefährten, Offiziere und ein Arzt des Regiments
verdanken ihre Rettung nächst Gottes Hilfe der
selbstlosen Entschlossenheit todesmutiger Männer, der Schiffer:
Ludwig Schultze aus Teupitz
Ernst Schultze aus Neuendorf
Ludwig Krüger aus Neuendorf
Hermann Grix aus Neuendorf
Das Offizierscorps des Kaiser-Alexander-Garde Grenadier-Regiments
No. 1 und die ehemaligen Regiments-Kameraden des
Dahingeschiedenen haben dieses Denkmal errichtet.
Dem verlorenen Kameraden zum Gedächtnis!
Den Rettern zur Ehre!
Originaltext der Inschrift des Denkmals auf der Schweriner Horst
Urplötzlich zog eine gewaltige Gewitterfront herauf. Der See begann zu kochen; große, hohe Weilen ließen das große Segelboot wie eine Nussschale tanzen. Und schließlich gab es kein Halten mehr, dass Boot kenterte in einiger Entfernung vom südlichen Ufer der Schweriner Horst.
Die Schiffer, deren Namen auf der Gedenktafel verzeichnet sind, hatten mit ihren Kähnen in einer Bucht in der Nähe vom Amtmanns-Weingarten Schutz vor dem Unwetter gesucht. Sie wurden Zeugen des Geschehens. Ohne zu zögern, die eigene Gefährdung nicht achtend, ruderten sie unter Aufbietung aller Kräfte der Unglücksstelle entgegen. Sie erreichten die mit dem Wellen Kämpfenden. Der Hauptmann rief ihnen zu, erst die Kameraden zu retten, er werde sich schon über Wasser halten und versuchen das rettende Ufer zu erreichen.
Nun zogen die Schiffer die vier Kameraden des Hauptmanns aus dem Wasser in ihre Kähne hinein. Sie ruderten dem Ufer zu, erreichten den mächtig mit den Wellen kämpfenden Hauptmann und zogen auch ihn in den Kahn. Glücklich am Ufer dauerte die Freude nicht lange. Der Hauptmann erlitt einen Herzschlag – auch der Regimentsarzt konnte dem Kameraden nicht mehr helfen – er verschied in seinen Armen.
Das Gewitter zog weiter und der See beruhigte sich. Der Tote wurde in den Kahn getragen und die Kameraden folgten gesenkten Hauptes. Keiner konnte das Geschehene fassen, alles war so unwirklich.
Auf dem Schloss hatte man sich zwar Gedanken gemacht, aber an ein mögliches Unglück dachte niemand. Und dann legten statt des Segelbootes die Schifferkähne am Schlossufer an. Die Kunde des Unglücks erreichte das Schloss. Wie groß war der Schreck! Wie groß war die Trauer!
Vom Schloss drang die Kunde ins Städtchen zu den Bürgern und zu den Soldaten. Auch hier Entsetzen und große Trauer. Doch wie unbeschreiblich erst war der Schmerz der Gattin, die am Abend das Schloss erreichte, den Lebenden suchte und einen Toten fand.
In der Kirche des Städtchens wurde der Tote aufgebahrt; seine Offizierskameraden hielten die Totenwache.
Für die Trauerfeier am Tag darauf fand Alice von Parpart erhabene Worte:
“Wie sie dufteten, die blassen Rosen; aller Hauch schien ihnen zu entströmen – geleiteten sie den ruhig Schlummernden, dessen Leben sie nie mehr schmücken konnten, nicht auch im Tode.
Andächtig lauschten die fremden Krieger, die kleine Gemeinde auf die einfachen Worte ihres ehrwürdigen Priesters.
Leises Schluchzen entrang sich mancher Soldatenbrust und tiefbewegt klang die Stimme des Greises, als er mit den Worten schloss:
Ja, ahnungslos, voller Freude und Lebenskraft lenkte der von allen hochgeehrte, geliebte Krieger noch vor wenigen Tagen das Schiff durch die Wogen, nicht ahnend, dass sein eigenes Lebensschifflein so bald zerschellen sollte. Es donnerte im Himmel, Gottes Blitze leuchteten auf dem Erdboden, dass Erdreich regte sich und bebte davon, und wie der Wind dahin strich über das Wasser, so verwehte sein Hauch.
Die Ruhe nahm er in unserem Örtchen, die Ruhe fand er hier, die Stille ewig Ruhe."
Soweit Alice von Parpart in ihren Erinnerungsblättern.
Das Offizierscorps des Kaiser-Alexander-Garde-Grenadier-Regiments No. 1 beschloss den verstorbenen Kameraden Hauptmann Kurts zu ehren und auch den verdienstvollen Rettern zu danken. Die Namen sollten der Nachwelt erhalten bleiben. Dies sollte durch ein schlichtes Denkmal an dem Ort geschehen, wo die Geretteten das Ufer betraten. Der Baron, dem die Insel gehörte, war sofort bereit das benötigte Stück Land kostenlos zur Verfügung zu stellen. In nur zwei Monaten wurde ein Denkmal aus schlichten Feldsteinen errichtet und mit der eingangs erwähnten Gedenktafel versehen. Auf das Denkmal kam ein Kreuz.
Am 31. August 1879 um 15.30 Uhr wurde das Denkmal feierlich eingeweiht. Dazu versammelten sich der Pfarrer, die Honoratioren der Stadt, der Kriegerverein, die Schützengilde und viele Schaulustige. Die vier, inzwischen mit einer Rettungsmedaille ausgezeichneten Schiffer, erhielten einen Ehrenplatz direkt vor dem Denkmal. Zuletzt erschien das gesamte Offiziers Corps des Kaiser-Alexander-Garde-Grenadier-Regiments No. 1, gefolgt von Unteroffizieren, Soldaten und der Regimentskapelle.
All diese Menschen mussten vom Festland auf die Insel übergesetzt werden. Das geschah von Schwerin aus – hier betrug die Entfernung nur 80 m.
Zur Eröffnung der Feierlichkeiten spielte die Regimentskapelle einen Choral, danach sprach der Pfarrer ein Gebet, bat um Gottes Fürbitte und weihte dann das Denkmal. Anschließend ergriff der Regimentskommandeur, Oberst von Wussow, dass Wort. Er gedachte dem Verstorbenen mit innigen Worten, rühmte seine Kampfesbereitschaft sowie seinen Heldenmut im Krieg 1870/71. Ganz herzlich dankte er den Rettern für ihre große Tat.
Die Regimentskapelle spielte nun den Regimentsmarsch. Zum Schluss kam noch der Baron von Parpart zu Wort. Er sprach sein tiefes Bedauern über das Geschehende aus, übergab dann an Oberst von Wussow die von seiner Tochter Alice verfassten Erinnerungsblätter zum Geschehen. Mit einem Hoch auf den Kaiser wurde die Weihestunde beendet.
Soweit die Historie. Angemerkt muss werden, dass das Denkmal erst seit 1928 auf Schweriner Boden steht. Damals wurde der Gutsbezirk Teupitz aufgelöst und die Insel „die Horst" in Schwerin eingemeindet.
Zu DDR-Zeiten war das Denkmal dem Zerfall preisgegeben. Ein Denkmal für einen preußischen Staatsmann war politisch nicht genehm. Die Gemeinde hatte weder Geld noch Willen etwas zu unternehmen. Die Einwohner hatten auch kein besonderes Interesse dafür und so nahm der Verfall seinen Lauf.
Nach der Wende, ab dem Jahr 1991 setzte ein Umdenken ein. Gemeinde und Bürger interessierten sich wieder für Historisches. Man bemühte sich um Fördermittel, mit denen dann das Denkmal 1992 durch die Firma Schönfeld instandgesetzt und saniert wurde. Seitdem wird das Denkmal samt Umfeld vom Gemeindearbeiter gepflegt.
Weitere Informationen im Heimatkalender 2002, S. 9
Werner Exler, Seestraße 90, 15755 Schwerin
Quellen:
- Hoffmann, Franz, Chronik von Schloss, Kirche und Stadt Teupitz, 1902.
- Erinnerungsblätter der Alice von Parpart 1879.
- Heimatkalender 2023 des Heimat- und Museumsvereins
Königs Wusterhausen 1990 e.V.